Unser Projekt möchte die komplexen sozialen und emotionalen Aspekte der Abwanderung aus ländlichen Regionen in Ostdeutschland beleuchten. Aus der eigenen Erfahrung des Weggehens und des Zwiespalts mit unseren Heimatorten entstand die Idee für dieses Projekt. Es soll um Konflikte gehen, die Menschen dazu bewegen, wegzugehen – und die, die sie daran hindern, zurückzukehren. Gemeinsam möchten wir dazu ein Forumtheaterstück auf die Beine stellen und dieses im ländlichen Raum und Kleinstädten aufführen. Wir wollen Gespräche ermöglichen zwischen denen, die gegangen sind und denen, die geblieben sind und erkunden, was uns verbindet.
Wir suchen dich und deine Geschichte!
Warum bist du vom ostdeutschen Land oder einer Kleinstadt weggezogen? Kannst du dir vorstellen zurückzugehen?
Zwischen November 2024 und Mai 2025 werden wir in insgesamt vier Wochenendworkshops in Leipzig mit euch ein Forumtheaterstück entwickeln.
Interessierte laden wir herzlich ein am 15.11. um 18 Uhr beim Auftakt unserer Workshopsphase dabei zu sein! Meldet euch vorher bitte via Mail unter theaterroteruebe@gmail.com, damit wir planen können. Es braucht keine Vorerfahrung im Theaterbereich!
Termine für die Intensivworkshops:
15.-17. November 2024
10.-12. Januar 2025
07.-09. März 2025
16.-18. Mai 2025
Die Workshops finden jeweils freitags von 18 bis 21 Uhr, samstags von 10 bis 18 Uhr und sonntags von 11 bis 16 Uhr statt. Um kostenlose Übernachtungsmöglichkeiten in Leipzig für die Teilnahme an den Workshops werden wir uns bemühen. Auch stellen wir Getränke und Snacks bereit.
Die (voraussichtlich acht) Aufführungen sollen dann zwischen Juni 2025 und Frühjahr 2026 in verschiedenen kleinen Städten und Gemeinden in Mitteldeutschland stattfinden. Durch Projektmittel sind die Reisekosten und eine Aufwandsentschädigung für die Aufführungen gedeckt. Wo und wann die Aufführungen stattfinden werden wir gemeinsam während der Intensivworkshops entscheiden.
Das Projekt ist eine Kooperation zwischen Rote Rübe Leipzig und Stadt.Raum.Gestalten e.V.
Gefördert durch den Fonds Soziokultur aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Projekthintergrund
Seit der Wende haben viele Personen ländliche und kleinstädtische Räume in Ostdeutschland verlassen. Die Regionen werden bevölkerungsärmer und älter. Diese Entwicklung hat historische, strukturelle, politische und individuelle Hintergründe. Für viele ist es unvorstellbar zurückzukehren – selbst wenn sie wollen. Die gesellschaftliche und kulturelle Spaltung zwischen Stadt und Land nimmt zu. Das Projekt trägt die Probleme und Konflikte derer, die gegangen sind, auf die Bühne – und kehrt mit einen interaktiven Forumtheaterstück aufs Land zurück. Ziel ist es, über Theater einen Begegnungsraum zu schaffen und Dialoge mit denjenigen zu führen, die geblieben sind: über die Landflucht, Zukunftswünsche und Handlungspotentiale – und zugleich die Fähigkeiten für demokratische Diskussionsprozesse zu stärken.
Auch wir sind weggegangen und leben heute im Zwiespalt mit unseren Heimatorten. Viele Gebliebene fühlen sich zurückgelassen, von eigenen Kindern oder Enkeln. In vergangenen Projekten hörten wir oft: „Wir brauchen mehr junge Leute hier draußen.“ Das Weggehen ist also ein beiderseits bewegendes Thema. Das Projekt soll einen Dialog zwischen denen, die geblieben sind und denen, die gegangen sind, ermöglichen; ein Dialog zu dem, was trennt, was (noch) eint und zukünftig einen könnte. Über das Persönliche wollen wir die gesellschaftliche Perspektive öffnen und Räume für schwierige Dialoge schaffen.
Hierfür nutzen wir Forumtheater in der Haltung des Theater for Living. Dies ist ein „character-driven theater“: Themen werden im Kleinen, über Beziehungen, Gefühle und Bedürfnisse betrachtet. Es macht die Vielschichtigkeit und Komplexität unterschiedlicher Lebenserfahrungen sichtbar und hilft, Zusammenhänge zwischen individuellen Entscheidungen und gesellschaftlichen Entwicklungen zu erkennen. So können Fähigkeiten trainiert werden, wie zum Beispiel das Aushalten von Meinungs- und Perspektivenvielfalt oder die Wahrnehmung unterschiedlicher Emotionen und Bedürfnisse. Dies dient dem gesellschaftlichen Zusammenhalt und fokussiert die Frage, wie wir als Gesellschaft miteinander umgehen und zusammenleben wollen. Das Konzept Theater for Living basiert auf dem Theater der Unterdrückten und einem systemischen Ansatz. Es ermöglicht den Teilnehmenden, auf ihren eigenen Erfahrungsschatz zurückzugreifen und eine Aufführung zu gestalten, die ihre Realität widerspiegelt. Während der Aufführungen haben die Zuschauenden die Möglichkeit, aktiv am Geschehen teilzunehmen, was zu einem intensiven Dialog zwischen den Teilnehmenden und dem Publikum führt.
Das interaktive Format des Forumtheaters fördert die Selbstwirksamkeit und schafft Räume für konstruktive Lösungsansätze, die zu einer positiven Entwicklung ländlicher und kleinstädtischer Räume beitragen können. Durch das Projekt erproben wir zudem eine Methode, die helfen kann Gruppen bei der Überwindung von Spaltungen und Konflikten zu begleiten. In einer Zeit, in der die gesellschaftliche Spaltung zunimmt, trägt dieses Projekt dazu bei, Brücken zu bauen und den Austausch zwischen verschiedenen Gruppen zu ermöglichen.